Totalitarismus-Theorie
   
  Hauptthese zum Streit der Faschismustheorie und der Totalitarismustheorie

Faschismus- und Totalitarismustheorie sind viel zu "zweckgebunden" und ihrer Entstehungszeit verhaftet, um den Faschismus und seine dt. Variante "Nationalsozialismus" sowie den abgetauchten "real-existierenden Sozialismus" zu "erklären".

Faschismustheorie

Die Faschismustheorie bricht "Wesen" und "Erscheinung" undialektisch auseinander, indem sie faschistische Herrschaftsmethoden mit der "Herrschaft des Kapitals" exklusiv identifiziert, um den parteilich oder staatlich Gewalt gewordenen Sozialismus aus dem der Praxis entspringenden Verdacht zu befreien, ebenfalls Methoden anzuwenden, die den Menschen in seiner individuellen Qualität ignorieren, unterdrücken.

Die Faschismustheorie ist die Augenwischertheorie ihrer Vertreter. Die Kritik an ihr kam keinesfalls immer nur von Antikommunisten. Die Faschismustheorie war fester Bestandteil antidemokratischer Herrschaftslegitimation zur Verhinderung auch sozialistischer Selbstkritik und versuchte, die offenkundigen Repressionen in ihr begriffliches Gegenteil zu verkehren, wie es etwa mit dem Begriff des "antifaschistischen Schutzwalls" als Bezeichnung für das Grenzregime der DDR seinen skurrilen Kulminationspunkt erreicht haben mag und erbittert verteidigt wurde.

Totalitarismustheorie

Die Totalitarismustheorie kommt über die Reduzierung auf einzelne Momente der Herrschaftsmethoden zu einer Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus:
Einparteiensystem ohne innere Demokratie, Gleichschaltung der Medien, zentrale Wirtschaftslenkung, Gleichschaltung aller Institutionen, Zwangsmitgliedschaft in Massenorganisationen.
Hinsichtlich der Entstehung totalitärer Herrschaftssysteme ist die Totalitarismustheorie eher unergiebig und bleibt tautologisch:  Politikextremismus habe seine Ursache in Politikextremismus.

sven20031002     >> Diskussion

   
 

"Politische Vergleiche" anzustellen, ist zulässig, aber "Vergleich" und "Gleichsetzung" sollte man differenzieren können.

Der Vergleich "Faschismus und Sozialismus" ist also etwas anderes als die Gleichung "Faschismus = Sozialismus".

Der Vergleich sucht die Gemeinsamkeiten heraus, also die "Gleichheiten".  

Will etwas dennoch nicht "gleich" sein, dann muss das "Gleiche" vom "Ungleichen" marginalisiert werden können.

Und je mehr "gleich" ist, desto mehr Legitimationsbedarf hat eine Ideologie, Religion, Politik, die auf die "Ungleichheit" besteht.

   
 

Wer sich insgesamt gegen das Vergleichen wendet, will Menschheitserfahrung zunichte machen, die sich unter anderem in der christlichen Weisheit niederschlägt, dass nach den Taten geurteilt werden soll. Es kann und soll also danach geschaut werden dürfen, was sich die Politik im Diesseits all der nebulösen Heilsversprechen/Ideologien und Rechtfertigungsformeln an realen Taten zu Schulden kommen ließ. 

Der Wunsch nach "Abgrenzung", nach Differenzierung ist in Anbetracht politischer Schandtaten verständlich, deren Erinnerung stets auch eine Barriere für die Wiederauferstehung einer Ideologie ist.  Aber wer im Wege der Polarisierung die Schandtaten und Rechtfertigungslücken zu leugnen versucht, "differenziert" nicht, sondern verschleiert geschichtliche Wahrheit.

Die "Ideologen" ignorieren für Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft jegliche Entwicklung im Entscheidungsspielraum der Menschen und misstrauen ihnen kaum mehr als die willfährigen Geheimdienste, die dann vollständig ruinierten, was ohnehin schon schlecht und ohne den Menschen geplant war.  
Geschichte/Politik wird von den einen auf "Gesetzmäßigkeiten" verkürzt, von den anderen als "Verschwörung". Beiden Seiten ist gemeinsam, sich gegen den Menschen als Individuum zu verschwören, stets auf der Bremse des Fortschritts, von dem sie sich zwar eine Vorstellung einbilden, aber welch Realitätsbewusstsein soll das sein, das nicht gewillt ist, vergangene Planverirrungen einzugestehen. - Und so ist es auch mit dem Streit um die Totalitarismustheorie, der so überholt ist wie die Verhältnisse, in der Theorie und Streit begannen. 

   
 

Hallo ....,

Pferde und Rinder haben gemeinsame Krankheiten, aber bleiben verschieden, solange sie lebendig auf der Wiese stehen.

Zutreffend konstatierst Du, dass die "Realsoz-Staaten" ihre Bürger "einsperrten" und keine "demokratische Legitimation" hatten, die auch nicht durch eine akademische Legitimation bzw. ideologische, moralische Legitimation ersetzt, allenfalls begleitet werden kann.

Umgekehrt sollte es auch den eingeschworensten Kommunisten mehr als peinlich sein, dass dem dt. Faschismus in Gestalt des Nationalsozialismus so viel Bevölkerungszuspruch vergönnt war. Dennoch ist zutreffend, dass ihn dies in keiner Weise "demokratisch legitimierte". Denn es gibt keine "demokratische Legitimation" für den Judenstern, es sei denn, man vertrete einen Demokratiebegriff, der einer Mehrheit erlauben würde, sich der Minderheit zu entledigen. - So geschehen mit Machtantritt, spätestens mit dem Reichstagsbrand, bis nach und nach kaum noch jemand wagte, gegen 
die Hitlerei aufzustehen.

Und es ist peinlich, dass das NS-Regime nur seine stets zu wenigen Gegner "einsperrte" und nicht das ganze Volk, sondern auch noch in den Krieg zu schicken vermochte, ohne dass es sich erhob.

Darin werden wir beide uns in den Wertungen einig sein, aber ich sprach vom "dt.Faschismus" und vermute mal, dass Du das nicht magst, aber sei bitte nicht zu verliebt in den alten, dummen Streit um den Faschismus-Begriff, der keinesfalls nur in der Verwendungsart der sogenannten Faschismustheorie genutzt wird, die selbst auch niemals nur auf eine einzige Theorie beschränkt sein kann, so sehr praktisch dieses für ihre Verfechter und Gegner für ihre Scheingefechte auch sein würde.

Die Faschismustheorie bildet Teilaspekte zutreffend ab, insbesondere die Herrschaftsmethoden, weniger jedoch hinsichtlich der sozialökonomischen Ursachen,   obwohl gerade das ihr eigentlicher Anspruch wäre und so kategorisch sie die "Herrschaft des Kapitals"  als Causa für den Faschismus verdächtigt.
Diese Verdächtigung erfolgt nicht ohne Grund, sondern war Versuch, von der eigenen Herrschaftspraxis abzulenken, die ebenfalls den Menschen als Individuum ignoriert und unterdrückt.

Die Totalitarismustheorie macht es sich einfacher :-), indem sie nichts ist als die Tautologie, wonach Politikextremismus seine Ursache in Politikextremismus habe. 

Die Totalitarismustheoretiker schwindeln sich um die beängstigende Wahrheit, dass Extremismus nicht von fremden Sternen kommt, sondern Ausdruck des Werteverfalls in den Machtzentren von Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt ist. Welche Werte? Demokratische Werte, verantwortungsbewusster Umgang mit Macht und Wahrheit, Suche nach gemeinsamer und höherer Vernunft. 
Stattdessen mitspielen im Verdrängungswettstreit der Parteien und sei es, dass damit auch die Vernunft verdrängt wird, die der politischen Konkurrenz allzu eilends abgesprochen wird. 
Extremismus ist Ausdruck von Unzulänglichkeit und Inkompetenz derer, gegen die sich der Extremismus entwickelt.

Extremismus ist nichts "Besonderes", sondern latent allgegenwärtig.
Extremismus hat eine immer sprudelnde Quelle in der Naivität derer, die es besonders gut meinen,
aber ebenso auch in der Oberflächlichkeit derer, die es sich allzu leicht machen wollen.
Extremismus wird zur politischen Gefahr, wenn sich diese Kräfte in ihren destruktiven Wirkungen vereinen und ihnen nicht mehr genug entgegengestellt ist.

Auch der Feinsten sind sich viele nicht zu fein, um opportunistisch den Übertritt zum Extremismus zu vollziehen, den Extremismus sogar selbst zu inszenieren, wenn er ihnen als "Ausweg" erscheint. Eben das war immerhin reichlich der Fall, denn ohne Thyssen, Hugenberg, Wagners Family und all die anderen, wäre es nur weder zur "Machtergreifung" gekommen, die es ohnehin nicht war, noch hätte Hitler ohne den Schulterschluss von NS-Ideologie und Bourgeoisie später den Mord an seinem Vorgänger politisch überlebt usw.usf. 

Faschismus hat mit Faszination zu tun - mit der Faszination für die vermeintliche "Effektivität der Gewalt" im Denken, in der Sprache und im Handeln.

Der "Faschismus" ist der Menschheit nicht neu und nicht nur "italienisch", sondern etablierte zur  epochalen Erscheinung vieler Staaten Europas, weil auf m
ehr zurück gegriffen werden konnte als auf Zitate römischer Machtsymbolik und es nur wenig zu "erfinden" galt. Muster und Zutaten waren  verschieden, hob aber die Gemeinsamkeiten nicht auf, eben die Brachialität autoritären Denkens im Gewand der Volkstümelei, ohne die allerdings dann auch eine Sowjetunion nicht auszukommen vermochte, als sie sich und der Welt den "Sowjetmenschen" einzureden versuchte und für sich entgegen aller Vielfalt der Völker und nationalstaatlichen Geschichte einen Führungsanspruch behauptete, der Hegemonie/Einmischung rechtfertigte und notwendig gleichberechtigtem Internationalismus Hohn sprach.

Da der Sozialismus in verschiedenen Phasen seiner staatlichen Geschichte allzu offenkundig versagte und die Verhältnisse denen in den  faschistisch pervertierten kapitalistischen Staaten zu sehr glichen, sah sich die staatssozialistische Ideologie genötigt, u.a. den "Stalinismus" als eine dem "Sozialismus fremde Erscheinung" zu beschreiben. Dass dabei auf das Moment des "Personenkults" reduziert wurde, lenkte wiederum von den grundlegenderen Demokratiedefiziten ab.
  

  sven

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