Völkermord an den Armeniern

Der Völkermord an den Armeniern wird häufig bloß thematisiert, um Feindschaft gegenüber Türken und Türkei zu entfachen. 
Solche Herangehensweise ist grundfalsch und Missbrauch des Leidens von Opfern der Menschheitsverbrechen für Rachegefühle, Hass und künftige Menschheitsverbrechen. 

Umgekehrt verwahrt sich die Türkei noch immer gegen den Völkerrechtsvorwurf, weil sie Sorge um das Ansehen der Türkei hat. Solcher Ansehensschutz kann aber gerade mal innenpolitisch gelingen, denn außenpolitisch schadet der Türkei viel mehr, wenn sie historische Wahrheiten leugnet.

Aus den Leichenbergen der Geschichte ist kein Leben, sondern oft nur weiteres Unheil. Dagegen raten wir, aus der Geschichte FRIEDEN zu lernen.  Das gelingt nur durch sachliche Aufklärungsarbeit.

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AUFKLÄRUNG

Der nachstehende Text ist mit heutigem Datum (2.8.2008) Wikipedia entnommen:

Der Völkermord an den Armeniern wurde Anfang des 20. Jahrhunderts begangen, als im Zusammenhang mit dem armenischen Unabhängigkeitskampf und dem Ersten Weltkrieg eine große Zahl von Armeniern im Osmanischen Reich, aus dem die heutige Republik Türkei entstand, getötet wurden. Im engeren Sinn versteht man unter diesem Begriff die Morde in den Jahren von 1915 bis 1917.Bei den größten Massakern und auf den Todesmärschen 1915–1917 kamen je nach Schätzung etwa 300.000[1] bis zu etwa 1,5 Millionen[2] Armenier um. Die Angaben zu den Opferzahlen der Übergriffe in den beiden vorausgehenden Jahrzehnten schwanken zwischen Zehntausenden und Hunderttausenden Armeniern.[3]Während viele Armenier die Vertreibungen und Massaker als ungesühntes Unrecht empfinden und seit Jahrzehnten eine angemessene Erinnerung fordern, bezeichnet die offizielle türkische Sichtweise die Deportationen als „kriegsbedingte Sicherheitsmaßnahme“. Die Todesfälle führt sie auf die Umstände und Übergriffe zurück[4] und legt den Fokus auf die damaligen armenischen Aufstände.[5]

Vorgeschichte

Demographie und Gesellschaftsstruktur

Die Armenier bildeten nach den Griechen die zweitgrößte christliche Minderheit im Osmanischen Reich.[6] Die Bevölkerungsgruppen waren nach ihrer Religionszugehörigkeit in Millets organisiert.[7] Die Armenier galten aus osmanischer Sicht traditionell als „loyale Nation“ (Osmanisch: millet-i sādiqa). Um 1800 lebten die Armenier mehrheitlich unter osmanischer Herrschaft. Im Osmanischen Reich siedelten sie hauptsächlich

im heutigen Ostanatolien – im Gebiet von Erzurum, Kars, Van und Diyarbakir in Kilikien bei Adana und Maraş
in den osmanischen Metropolen Alexandrien, Smyrna (İzmir) und vor allem in Konstantinopel.
Vor dem Ersten Weltkrieg lag die Zahl der anatolischen Armenier bei 1.700.000 Personen. Das entsprach ungefähr 10 Prozent der gesamten Bevölkerung Anatoliens. In keinem Vilayet übertraf ihre Zahl die der Muslime, nur in wenigen Kazas der Sandschaks Van und Sert (Saird oder Sairt) war das 1896 der Fall. Als Minderheit waren sie jedoch unübersehbar.[6] Die türkische Regierung gab (später) die Zahl mit 1.300.000 an.[8] Das armenisch-apostolische Patriarchat in Konstantinopel bezifferte nach einer Volkszählung, die es 1913/14 in seinen Gemeinden durchführen ließ, die armenisch-apostolische Bevölkerung im Osmanischen Reich dagegen auf knapp 2.000.000.[9]

Nationalismus im Osmanischen Reich

Im 19. Jahrhundert wuchs im Osmanischen Reich, wie in vielen europäischen Ländern, das Nationalbewusstsein seiner Völker und Ethnien. In diesem Zeitraum entstanden auch armenische Parteien, darunter 1885 die revolutionäre Armenakan-Partei in Van, 1887 die revolutionäre Huntschak-Partei und 1890 die Daschnak-Partei, die den Volkskrieg gegen die Osmanische Regierung propagierte.[10] Die Daschnak wurde als alle bis zu diesem Zeitpunkt existierenden revolutionären Kräfte vereinigende Organisation gegründet, von der sich die Huntschak allerdings bald darauf wieder löste. Als sich die Huntschak 1896 in zwei verfeindete Lager spaltete, nahm ihre Effektivität ab. Für die Folgezeit war die Daschnak der Hauptakteur der revolutionären Bewegung der armenischen Gemeinde.[11] Das im Niedergang befindliche, multiethnische Osmanische Reich, damals oft als „Kranker Mann am Bosporus“ bezeichnet, versuchte in der Tanzimat-Periode (1839–1879) den Staat durch Übernahme westlicher Konzepte zu reformieren. Zunehmend wurde die Notwendigkeit von Reformen auch von den europäischen Mächten, die dabei allerdings eigene Interessen verfolgten, angemahnt[6] und auf dem Berliner Kongress (1878) halbherzig festgeschrieben.[12] Insbesondere Russland versuchte im Rahmen seiner Expansionspolitik, die anatolischen Armenier für die Destabilisierung des Osmanischen Reiches einzusetzen.[6] Eine Gleichstellung von türkischen Muslimen und christlichen Minderheiten wurde jedoch bis zum Sturz des Sultans Abdülhamid II. (1908) nicht realisiert; die in Artikel 61 in Berlin für die Armenier vereinbarten Reformen wurden nicht umgesetzt, sondern führten zu einer Verschlimmerung der Lage der Armenier.[13]

In der Folge der Reformbestrebungen entstand die jungtürkische Bewegung, die 1908 die Macht übernahm. Die Jungtürken versuchten zu Beginn ihrer Regierung 1908/09, eine parlamentarisch-konstitutionelle Regierung im Osmanischen Reich einzurichten, die auch die Mitbestimmungs- oder Autonomiebestrebungen christlicher und nichttürkischer islamischer Minderheiten im Vielvölkerstaat der Osmanen einzubinden versuchte. Doch immer mehr setzten sich bei ihnen türkisch-nationalistische und sogar turko-rassistische Vorstellungen durch. Insbesondere Enver Paşa strebte nach der Errichtung eines Großtürkischen „Turanischen“ Reiches unter Einbeziehung Aserbaidschans, Usbekistans, Turkmenistans und sogar von Teilen Chinas.[14]

Massaker von 1894 und 1896

Der wachsende Nationalismus führte zu Spannungen zwischen Armeniern und Kurden, die vielfach dieselben Gebiete bewohnten. Zunehmend wurden Armenier von Kurden verfolgt.[15] Die hohe Steuerlast lieferte Anlässe zu Aufruhr und verstärkte armenische Unabhängigkeitsbestrebungen. Einige Armenier organisierten sich in Geheimgesellschaften und armenische Terroristen ermordeten zwischen 1890 und 1897 osmanische Beamte.[16]

Im Jahre 1894 erhoben sich Armenier in Sasun (Vilayet Bitlis), in einer entlegenen Region südwestlich des Vansees. Dabei wurden sie von Aktivisten der revolutionären Huntschak-Bewegung angestiftet.[6] Die Revolte erfasste 25 Dörfer. Lokale Truppen schlugen den Aufstand blutig nieder und töteten zwischen 900 und 4.000 Armenier.[3]

Im Jahre 1895 schlug ein Mob in Konstantinopel öffentliche, von der Huntschak-Partei organisierte Proteste nieder. Die Behörden schritten nicht ein.[6]

Im Februar 1896 wurde der Armenieraufstand in Zeytun/Ulnia, dem heutigen Süleymanlı bei Maraş, durch Vermittlung der Großmächte nach monatelangen Kämpfen beendet.[6]

Am 26. August 1896 besetzten armenische Revolutionäre der Daschnak-Partei gewaltsam die Ottomanische Bank in Konstantinopel, um Autonomie für die armenischen Provinzen unter der Aufsicht europäischer Mächte, Freilassung armenischer Gefangener und die Rückgabe beschlagnahmten Eigentums durchzusetzen. Ihre Forderungen wurden nicht erfüllt, sie konnten aber freien Abzug erreichen.[17][18] Als Reaktion auf diesen Zwischenfall gab es in Konstantinopel zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen der muslimischen und armenischen Bevölkerung mit Gewalt und Gegengewalt, bei der neben Zivilisten 120 Soldaten getötet worden sein sollen. Die Regierung nahm rund 300 Muslime fest und brachte die verantwortlichen Armenier und Muslime vor ein Sondergericht.[19]

Zeit von 1896 bis 1915

Die Lage blieb auch weiterhin angespannt. Es gab allerdings auch Beispiele gemeinsamen armenisch-türkischen Protests gegen die Steuerpolitik der Hohen Pforte.[6] Im Juli 1905 verübten armenische Terroristen einen Anschlag auf Sultan Abdülhamid II. Dabei kamen 28 Menschen zu Tode. Der Sultan blieb unverletzt.[20]

Auch nach der Absetzung von Sultan Abdülhamid II. kehrten keine stabilen Verhältnisse ein. 1909 wurden während eines Aufstandes gegen die seit 1908 regierenden Jungtürken im kilikischen Adana und in den umliegenden Gebieten mehr als 25.000 Armenier von Aufständischen als angebliche Unterstützer der neuen Regierung ermordet. In Reichweite befindliche Kriegsschiffe Englands, Frankreichs, Italiens, Österreichs, Russlands, Deutschlands und der USA, die die Massaker hätten verhindern können, schritten nicht ein.[21] Die Konstantinopeler Regierung ließ zur Bestrafung der Schuldigen 127 Muslime und 7 Armenier hinrichten.[6]

Genozid von 1915

Im Ersten Weltkrieg (1914–1918) kämpfte das Osmanische Reich auf der Seite der Mittelmächte gegen die Entente, zu der auch Russland gehörte. Im russisch-türkischen Konflikt im Kaukasus unterstützte eine Minderheit der Armenier in der Hoffnung auf Unabhängigkeit die russische Seite; es gab auf russischer Seite armenische Freiwilligenbataillone.[22]

Nach dem Scheitern der türkischen Offensive gegen Russland im Januar 1915 und dem Beginn von Operationen und Anwerbungen armenischer Kämpfer hinter den türkischen Linien machte die Staatsführung des Osmanischen Reiches die Armenier für die militärischen Probleme in Ostanatolien verantwortlich. Ernst Jäckh, Leiter der „Zentralstelle für Auslandsdienste“ im Auswärtigen Amt, schrieb im Oktober 1915, sich auf den Kriegsminister Enver Paşa beziehend:

„In der armenischen Frage stellt sich Enver immer mehr auf den Standpunkt der notwendigen Sicherung des Türkischen Reiches gegen eine armenische Revolution, die im Rücken der türkischen Truppen ausgebrochen war.[23]“

Das jungtürkische „Komitee für Einheit und Fortschritt“ (İttihad ve Terakki Cemiyeti) beschloss die Vernichtung der Armenier und reorganisierte dafür die hauptsächlich aus Kurden, freigelassenen Strafgefangenen und Flüchtlingen aus dem Balkan und Kaukasusgebiet bestehenden Banden (Çete), die möglicherweise der Spezialeinheit Teşkilat-ı Mahsusa zugerechnet werden müssen.[24] Die armenischen Soldaten der türkischen Armeen wurden entwaffnet, dann teilweise getötet und teilweise in Arbeitsbataillonen zusammengefasst. Wenig später wurden mehrere dieser Bataillone hingerichtet.[25]

Die ersten Deportationen geschahen in Anatolien bereits im Februar und April, also vor dem eigentlichen Deportationsgesetz vom 27. Mai 1915. Sie verfolgten noch nicht das planmäßige Ziel der Vernichtung. Diese Deportationen aus Adana, Zeytun und Dörtyol führten ins Landesinnere.[26]

Im April 1915 erhoben sich die Armenier in Van und ließen sich nach erfolgreichem Widerstand „zahlreiche Schandtaten gegen die wehrlose muslimische Bevölkerung zuschulden kommen“.[22] Dieser Aufstand galt der Zentralregierung ebenso wie die revolutionäre Gewalt der Huntschak-Aktivisten als Rechtfertigung für ihr Vorgehen. Die armenisch-sozialistische Huntschak-Partei praktizierte indes die Beseitigung all jener armenischen und nichtarmenischen Repräsentanten, die ihren Zielen im Wege standen, und wollte damit staatliche Repressionen gegen die armenische Bevölkerung provozieren, um insbesondere Russland zum Eingreifen zu bewegen.[22][27] Ferner gab es die sogenannten armenischen Fedayin, die von Persien oder Russland aus „in ganz Armenien Schrecken bei Türken und Kurden“ verbreiteten.[28]

Im April und im Juni 1915 erfolgten Razzien gegen die armenische Elite in Konstantinopel. Die treibende Kraft dahinter war Innenminister Talat Bey, der spätere Großwesir Talat Paşa. Er setzte sich gegen den Widerstand von Kollegen, die internationale Verwicklungen befürchteten, für die Entfernung der Armenier aus der Hauptstadt ein.[29] Am 24. und 25. April 1915 wurden zunächst 235 Personen verhaftet.[30][31] Laut offizieller Darstellung vom 24. Mai 1915 betrug die Zahl der Verhafteten schließlich 2345.[32] In den Akten des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reiches werden weitere Verhaftungen und Deportationen von Armeniern Konstantinopels erwähnt und teilweise in Einzelheiten beschrieben.[33] [34] Sie geschahen im Laufe des Jahres 1915 entgegen der Versicherung der osmanischen Regierung, die Armenier Konstantinopels zu schonen.[35]

Am 27. Mai 1915 wurde von der Regierung ein Deportationsgesetz erlassen. Mit diesem Gesetz wurden die Sicherheitskräfte angewiesen, die Armenier einzeln oder insgesamt zu deportieren. Die Armee wurde verpflichtet und beaufragt, Opposition oder bewaffneten Widerstand gegen Befehle der Regierung, gegen die Landesverteidigung oder gegen die öffentliche Ordnung unverzüglich mit militärischer Gewalt in härtester Form „zur Raison zu bringen“ und Übertretungen und Widerstand von „Grund auf zu vernichten“.[36] Im Einzelnen liegen Berichte darüber vor, dass Grundstücke von Deportierten per Gesetz zwangsübertragen, Barmittel und zurückgelassene bewegliche Habe „vereinnahmt“ wurden.[37] Es sind keine Fälle bekannt, in denen den Deportierten Kompensation für die Enteigung gezahlt wurde.[38] In Häusern verbliebene Möbel und Gegenstände wurden geplündert.[39] Vielfach wurden Gold und Schmuck unterwegs geraubt.[40]

Im Juni 1915 schrieb der deutsche Botschafter Wangenheim aus Konstantinopel an den deutschen Reichskanzler Bethmann Hollweg:

„Daß die Verbannung der Armenier nicht allein durch militärische Rücksichten motiviert ist, liegt zutage. Der Minister des Innern Talaat Bey hat sich hierüber kürzlich gegenüber dem zur Zeit bei der Kaiserlichen Botschaft beschäftigten Dr. Mordtmann ohne Rückhalt dahin ausgesprochen „daß die Pforte den Weltkrieg dazu benutzen wollte, um mit ihren inneren Feinden - den einheimischen Christen - gründlich aufzuräumen, ohne dabei durch die diplomatische Intervention des Auslandes gestört zu werden; das sei auch im Interesse der mit der Türkei verbündeten Deutschen, da die Türkei auf diese Weise gestärkt würde.“[41]“

Ebenfalls im Juni berichtete der Generalkonsul in Konstantinopel Mordtmann:

„Das läßt sich nicht mehr durch militärische Rücksichten rechtfertigen; es handelt sich vielmehr, wie mir Talaat bej vor einigen Wochen sagte, darum die Armenier zu vernichten.[42]“

Bis in den Juli des Jahres 1915 hinein wurden die meisten Armenier zunächst in ihren Hauptsiedlungsgebieten an einigen Orten konzentriert, überwiegend in den Hauptstädten der betroffenen Vilayets.[43] Sie wurden entweder gleich dort von türkischen Polizisten und Soldaten oder kurdischen Hilfstruppen ermordet[44] oder auf Befehl Talats ab dem 27. Mai 1915 auf Todesmärsche über unwegsames Gebirge Richtung Aleppo geschickt. Dabei ging es nicht nur um eine Umsiedlung. Max Erwin von Scheubner-Richter, der damalige deutsche Vizekonsul in Erzurum, berichtete dazu Ende Juli 1915 in einem Schreiben an den Botschafter Wangenheim:

„Von den Anhaengern letzterer [i.e. der 'schrofferen Richtung'] wird uebrigens unumwunden zugegeben, dass das Endziel ihres Vorgehens gegen die Armenier die gaenzliche Ausrottung derselben in der Tuerkei ist. Nach dem Kriege werden wir „keine Armenier mehr in der Türkei haben“ ist der wörtliche Ausspruch einer maßgebenden Persoenlichkeit. Soweit sich dieses Ziel nicht durch die verschiedenen Massakers erreichen lässt, hofft man, dass Entbehrungen der langen Wanderung bis Mesopotamien und das ungewohnte Klima dort ein Uebriges tun werden. Diese Loesung der Armenierfrage scheint den Anhaengern der schroffen Richtung, zu der fast alle Militär- und Regierungsbeamte gehoeren, eine ideale zu sein. Das tuerkische Volk selbst ist mit dieser Loesung der Armenierfrage keineswegs einverstanden und empfindet schon jetzt schwer die infolge der Vertreibung der Armenier ueber das Land hier hereinbrechenden wirtschaftlichen Not.[45]“

Ende August 1915 verkündete Talat den Abschluss der „Maßnahmen“ gegen die Armenier: "La question arménienne n'existe plus."[46]. Möglicherweise fiel diese Äußerung im Bestreben, den Beweis zu liefern, „daß die Zentralregierung ernstlich bemüht ist, den im Innern vorgekommenen Ausschreitungen gegen die Armenier ein Ende zu machen“. Die deutschen Diplomaten schenkten diesen Beteuerungen allerdings wenig oder keinen Glauben.[47] Ernst Jäckh, Leiter der „Zentralstelle für Auslandsdienste“ im Auswärtigen Amt, erklärte im Oktober 1915 zur Rolle Talats:

„Talaat freilich machte keinen Hehl daraus, dass er die Vernichtung des armenischen Volkes als eine politische Erleichterung begrüße.“ [48][49]

Talat stand damit laut Jäckh im Widerspruch zum Finanzminister Mehmet Cavit Bey und zum Herausgeber der regierungstreuen Zeitung „Tanin“, Hüseyin Cahit Yalçın: „Dschawid und Hussein Dschahid opponierten immer energisch gegen diese armenische Politik, ersterer besonders aus wirtschaftlichen Erwägungen.“[50] Hüseyin Cahit Yalçın war allerdings später der Meinung, dass diejenigen, die die Deportationen befohlen und ausgeführt hatten, damit die Türkei gerettet hätten.[51]

Abdulahad Nuri, ein hoher Deportationsoffizier, bekräftigte später laut Gerichtsakten, Talat habe ihm erklärt, die Deportationen verfolgten den Zweck der Vernichtung. [52][53] Beim Yozgat-Verfahren wurden am 22. Februar 1919 zwölf Telegramme verlesen. In diesen Telegrammen wurde die Aussage Nuris, dass die Vernichtung das Ziel der Deportation sei, mehrfach bestätigt.[54] Der später im Bayburt-Verfahren wegen seiner Beteiligung am Völkermord hingerichtete Landrat Nuri sagte später vor Gericht aus, er habe den geheimen Befehl erhalten, keinen Armenier am Leben zu lassen.[55] General Vehip Pascha, Oberkommandierender der 3. Armee erklärte nach dem Krieg vor der sogenannten Mazhar-Kommission:

„Die Deportationen der Armenier wurden im völligen Widerspruch zur Menschlichkeit, Zivilisation und behördlichen Ehre durchgeführt. Die Massaker und die Ausrottung der Armenier, der Raub und die Plünderung ihres Eigentums waren das Resultat von Entscheidungen, die vom Zentralkomitee des Komitees für Einheit und Fortschritt ausgingen.[22]“

Die Deportationen wiesen überall dasselbe Grundmuster auf: Entwaffnung, Ausschaltung der wehrfähigen Männer, Liquidierung der lokalen Führung, Enteignung, Todesmärsche und Massaker. [56] Maßnahmen zur Wiederansiedlung wurden nicht getroffen, alle Angebote anderer Staaten, den Deportierten während der Märsche oder am Zielort humanitäre Hilfe zu leisten, lehnte Konstantinopel strikt ab.[57] Es existiert kein Beweis, dass den Deportierten am Zielort Land zugewiesen wurde oder ihnen andere Güter zur Verfügung gestellt wurden.[58]Çerkez Hasan (Hasan, der Tscherkesse), ein osmanischer Offizier, der für die Wiederansiedlung der Armenier in der syrischen und irakischen Wüste verantwortlich war, trat im Jahre 1915 zurück, als ihm klar wurde, dass das Ziel nicht die Wiederansiedlung, sondern die Vernichtung war.[59] Die Zentralregierung ergriff harte Maßnahmen gegen Gouverneure und Landräte, die sich den Deportationsbefehlen widersetzten. Die Gouverneure von Ankara, Kastamonu und Yozgat wurden abgesetzt.[60]. Der Gouverneur Ankaras, Mazhar Bey, berichtete später, der Grund seiner Absetzung, sei seine Weigerung gewesen, den mündlich übergebenen Befehl des Innenministers, die Armenier während der Deportation zu töten.[61] Die Landräte von Lice, Midyat, Diyarbakir[62] und Beşiri sowie die Gouverneure von Basra und Müntefak wurden aus diesem Grunde ermordet oder hingerichtet.[63]

Militärische Erfordernisse für die Deportationen scheiden aus, da der Verdacht auf Zusammenarbeit mit dem Feind sich nicht auf Frauen und Kinder und frontferne Armenier erstrecken konnte, die zudem direkt in die Kriegszone deportiert wurden.[64] Die Deportationen betrafen ferner nahezu die gesamte armenische Zivilbevölkerung Anatoliens[65][66], die sich im Allgemeinen ruhig verhielt.[67] Sie waren auch nicht die Folge eines Bürgerkrieges, da es keine zentral orchestrierte landesweite Rebellion der Armenier gab.[22]

Allen Beteiligten und Verantwortlichen muss klar gewesen sein, dass die „Delokalisierung“ (Osmanisch tehcîr oder teb'îd, تهجير‎ oder تبعيد‎) unter den Bedingungen von 1915/16 einem Todesurteil sehr nahe kommen musste.[6] In den schließlich erreichten Lagern im heutigen Syrien starben die Armenier mangels Versorgung durch Auszehrung und Seuchen,[22] sofern sie nicht unterwegs durch Angriffe kurdischer Stämme ums Leben kamen.[68] Nach Darstellung des deutschen Offiziers im Dienste der osmanischen Armee und Augenzeugen der Ereignisse, Rafael de Nogales, wurden die Armenier in den Todeszügen mancherorts von Zivilisten beschützt und versteckt. An anderen Orten musste die Gendarmerie die Kolonne vor Angriffen der Bevölkerung schützen.[69] Auch beteiligten „türkische Polizisten, Gendarmen und Soldaten“ sich „teils auf Befehl ihrer Vorgesetzten, teils eigenmächtig, an der Tötung der Ausgesiedelten“.[70]

Augenzeugenberichte über die Geschehnisse bei den inhumanen Deportationen sind beispielsweise in deutschen diplomatischen Aktenstücken erfasst und von Lepsius 1919[71] und Gust 2005[72] veröffentlicht worden.

In den folgenden zwei Jahren wurden nach und nach auch die in den westanatolischen Provinzen lebenden Armenier – mit Ausnahme von Konstantinopel und Smyrna, wo sich der deutsche General Liman von Sanders unter Androhung von militärischen Gegenmaßnahmen gegen die Deportationen und Massaker stellte [73] – deportiert oder ermordet.

Je nach Schätzung kamen etwa 300.000[1] bis 1.500.000 Armenier ums Leben. Eine Kommission des osmanischen Innenministers bezifferte 1919 die Zahl der armenischen Opfer auf 800.000.[74] Hunderttausende Armenier, die den Völkermord überlebten, emigrierten.

Nachkriegszeit

1919-1921 fanden vor einem Militärgericht des Osmanischen Staates die Istanbuler Prozesse (Unionistenprozesse) statt. Erstmals in der Rechtsgeschichte wurde der Versuch unternommen, Staats- und Kriegsverbrechen auf Regierungsebene zu ahnden. Mit der Anklage von 31 Ministern der Kriegskabinette, die dem Komitee für Einheit und Fortschritt (Ittihat ve Terakki Cemiyeti), also den Jungtürken angehört hatten, und zahlreichen regionalen und lokalen Beamten, Offizieren und Funktionären wollte man die Hauptverantwortlichen des Völkermordes zur Rechenschaft ziehen. Unter den Angeklagten befanden sich unter anderem Talat Paşa (ehemaliger Innenminister und Großwesir), Enver Paşa (ehemaliger Kriegsminister) und Cemal Paşa (ehemaliger Marineminister). Diese entzogen sich dem Prozess und dem Urteil jedoch durch Flucht nach Deutschland und wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt.[75]

Der Großwesir Damat Ferid Paşa gestand am 11. Juni 1919 die Verbrechen öffentlich ein.[76] Spätere türkische Regierungen ließen den Begriff Völkermord nicht gelten und stellten die Ermordungen als Folgen von Kriegshandlungen dar, ohne sich davon zu distanzieren. Während andere westeuropäische Staaten auf eine Verurteilung des Völkermordes drängten, unterstützte die deutsche Regierung lange Zeit die Position der türkischen Führung. Eine Dokumentation des deutschen Geistlichen und Orientkenners Johannes Lepsius zum Völkermord an den Armeniern wurde im August 1916 von der Reichsregierung verboten.[77] Lepsius konnte jedoch nach dem Krieg eine Sammlung von aussagekräftigen, teilweise durch ihn, teilweise durch das Auswärtige Amt bearbeiteten und dabei verfälschten Aktenstücken des deutschen Auswärtigen Amtes publizieren,[71] die bis heute – vor allem in einer 2005 veröffentlichten, unverfälschten und ergänzten kritischen Auswahl [72] – eine der Hauptquellen für die Vorgänge ist. Die Bearbeitungen hatten hauptsächlich den Sinn, die deutsche Mitverantwortung und Mitschuld am Völkermord an den Armeniern zu vertuschen.[78]

Der amerikanische General Harbord berichtete, Mustafa Kemal sei im Oktober 1919 in einem Gespräch mit ihm von 800.000 Toten ausgegangen und habe eine harte Bestrafung der Täter befürwortet.[79] Mustafa Kemal hatte ein gespanntes Verhältnis zu den drei jungtürkischen Führern[80], die er auch als Hauptverantwortliche für die Deportationen nicht in den Reihen der türkischen Nationalbewegung sehen wollte.[81]

Am 24. April 1920 nahm Mustafa Kemal bei seiner Rede zur Eröffnung der Großen Türkischen Nationalversammlung in Ankara zum Vorschlag der Briten Stellung, die Massaker an Armeniern zu beenden:

„Der [...] Vorschlag sieht vor, im Innern des Landes keine Massaker an Armeniern zu verüben. Dass solche an Armeniern vorkamen, ist ausgeschlossen. Wir alle kennen unser Land. Auf welchem seiner Kontinente wurden oder werden Massaker an Armeniern verübt? Ich möchte nicht über die Phasen am Anfang des [1.] Weltkrieges sprechen, und ohnehin ist auch das, worüber die Entente-Staaten sprechen, selbstverständlich keine der Vergangenheit angehörende Schandtat. Mit ihrer Behauptung, dass derartige Katastrophen heute in unserem Land durchgeführt würden, forderten sie von uns, davon Abstand zu nehmen.[82][83]“

Nach dem Vertrag von Sèvres von 1920 war die Gründung eines unabhängigen armenischen Staates vorgesehen, dessen Grenzen der US-amerikanische Präsident Woodrow Wilson im Auftrag der Signatarmächte des Vertrages festlegte.[84] Das Osmanische Reich sollte aufgeteilt werden. Konstantinopel und die Meerengen kamen unter alliierte Kontrolle. Griechische Truppen besetzten 1919 Smyrna und rückten vom Westen ins Landesinnere vor. In Ankara formierte sich die türkische Nationalbewegung unter Mustafa Kemal, dem späteren Atatürk. Damit begann der Türkische Unabhängigkeitskrieg. Im Osten kam es nach schweren Kämpfen zwischen der türkischen Nationalbewegung und der Demokratischen Republik Armenien im Dezember 1920 zum Vertrag von Alexandropol (Gümrü) zwischen der türkischen Nationalversammlung und Armenien, im welchem der heutige Grenzverlauf festgelegt wurde. Das Ergebnis dieses Vertrages wurde 1921 nach dem Sieg der Roten Armee und der Gründung der Armenischen Sozialistischen Sowjetrepublik im Vertrag von Moskau bestätigt. Im Westen besiegten die türkischen Truppen in mehreren Etappen die griechische Invasionsarmee. Der Krieg endete mit der Niederlage der griechischen Truppen und der Gründung der modernen Türkei.

Am 15. März 1921 erschoss der armenische Student Soghomon Tehlirian im Berliner Exil den ehemaligen Innenminister Talat Paşa, einen der Hauptverantwortlichen für den Genozid.[85] Auch aufgrund der Darlegung der Geschehnisse in Armenien durch Augenzeugen (z. T. Überlebende wie Bischof Krikor Balakian) wurde der Täter aber vor Gericht freigesprochen.[85] Wie sich später herausstellte, war Tehlirian Mitglied eines armenischen Geheimbundes namens Nemesis, der Beteiligte an dem Völkermord ermordete.[86] Er hatte zuvor in Konstantinopel den armenischen Kollaborateur Harutiun Mugerditchian erschossen, der die Liste der am 24. April 1915 verhafteten Notabeln erstellt hatte.[86]

Am 31. März 1923 erklärte die Regierung Mustafa Kemals eine allgemeine Amnestie (Aff-ı Umumi) für die im Zusammenhang mit dem Völkermord Angeklagten.[87]

Folgen des Genozids

[list=]Bis zu einem Drittel (je nach Schätzung der Opferzahlen s.o.) der armenischen Nation wurde vernichtet.
Die Armenier wurden aus den sechs osmanischen Provinzen „Türkisch-Armeniens“ vertrieben bzw. kamen dabei ums Leben. Dieses Gebiet wird heute als Ostanatolien bezeichnet und ist ein international anerkannter Teil der Republik Türkei. (siehe Vertrag von Lausanne).
Die westarmenische, kulturelle Renaissance (Զարթօնք/Zartʻōnkʻ) [88]mit den Zentren Konstantinopel und Smyrna erfuhr ein abruptes Ende.
Die materiellen Verluste der Armenier sind unermesslich, sei es in Form von Boden, Häusern, Kirchen, Klöstern und Schulen, sei es durch die Zerstörung historischer Monumente, Kunstwerke und beweglichen Eigentums.

Eine große armenische Diaspora wurde geschaffen mit Hunderttausenden über den Mittleren Osten, die Sowjetunion, die USA, Lateinamerika und Australien verstreuten Armeniern.

Die überlebenden Armenier waren schwer traumatisiert. [89][/list]

Bewertung in der Türkei

Die türkische Regierung wehrt sich bis heute gegen eine Bewertung der damaligen Vorgänge als Völkermord[5][90] und versucht mit wechselndem Erfolg, durch politischen Druck und Ausschlüsse bei internationalen Auftragsvergaben anderslautende Entschließungen und Veröffentlichungen zu beeinflussen.[91] Innertürkische Kritiker der offiziellen Sichtweise wie Orhan Pamuk müssen mit Verhaftungen und Strafandrohungen rechnen. Pamuk wurde der öffentlichen Verunglimpfung des Türkentums angeklagt, weil er im Februar 2005 in einem Interview mit dem Zürcher Tages-Anzeiger offen über die Ereignisse gesprochen hatte. Das Verfahren wurde aber aus formalen Gründen eingestellt.[92]

Das dem Minister Hüseyin Çelik unterstehende türkische Erziehungsministerium veranlasste am 14. April 2003 mit einem Rundschreiben die Schüler aller Primar- und Sekundarschulen dazu, an einem Aufsatzwettbewerb gegen die „haltlosen Völkermord-Behauptungen“ der Armenier, Pontosgriechen sowie Syrisch-Orthodoxen mitzuwirken.[93]

Die türkische Leugnung des Genozids bedeutet nicht die grundsätzliche Leugnung Hunderttausender Toter. Die Türkei geht von ca. 300.000[1] armenischen Opfern aus und betrachtet die Deportationen als Notmaßnahme eines Staates, der um seine Existenz bangen musste und sich der Loyalität seiner armenischen Untertanen nicht sicher gewesen sei.[94] Manche türkischen Wissenschaftler verneinen eine vorsätzliche und geplante Vernichtung und vertreten den Standpunkt, dass diese historisch nicht belegt sei.[95] Die vielen Toten schreibt die offizielle türkische Historiographie Überfällen, Hunger und Seuchen zu und verweist auf die bürgerkriegsähnlichen Zustände[96], bei denen auch 570.000 Türken umgekommen seien.[97] Manche türkischen Wissenschaftler betrachten die kontrovers diskutierten Andonian-Dokumente[98] als Fälschung.[99] Toynbees Blue Book und die Memoiren des amerikanischen Botschafters Morgenthau bewerten sie als parteiisch.[100][101] Zudem bemängeln sie die Beweisaufnahme der Istanbuler Prozesse[102] und machen geltend, dass es eine Reihe von jungtürkischen Erlassen gab, die Deportierten gut zu behandeln.[103] Vereinzelte nicht-türkische Wissenschaftler, einige davon mit Professuren in der Türkei, stufen die Ereignisse ebenso nicht als Völkermord ein.

Die türkische Seite verwendet für die Ereignisse Termini wie Ermeni soykırımı iddiaları („Behaupteter Völkermord an den Armeniern“) und Sözde ermeni soykırımı („Angeblicher Völkermord an den Armeniern“).

Bewertung durch die Staatengemeinschaft

Seit 1965 haben Regierungen und Parlamente einiger Staaten den Völkermord an den Armeniern durch den osmanischen Staat in Resolutionen, Beschlüssen oder Gesetzen entsprechend der UN-Völkermordkonvention von 1948 als Genozid bewertet. (u. a. Argentinien, Belgien, Griechenland, Italien, Kanada, Libanon, Niederlande, Russland, Schweiz, die Slowakei, Uruguay und Zypern).[104][105][106] Andere Staaten (u.a. Dänemark, Bulgarien, Schweden, Georgien und Aserbaidschan) hingegen sprechen offiziell nicht von Völkermord.[107][108][109]

Die Regierung des Vereinigten Königreichs verurteilte die Verbrechen, sah aber die Kriterien für eine Einstufung als Völkermord gemäß der UN-Völkermordkonvention als nicht gegeben an.[110]

Die Türkei wirft Ländern wie Frankreich und Russland vor, Parlamentsbeschlüsse zu erlassen, ohne auf die eigene grausame Vergangenheit mit vielen Völkermorden zu blicken.[111] Als beispielsweise die Französische Nationalversammlung 2001 eine Resolution verabschiedete, welche die Leugnung des Völkermords unter Strafe stellen sollte, kam es zu schweren diplomatischen Auseinandersetzungen und wirtschaftlichen Boykotten durch die Regierung in Ankara.[91]

In Frankreich wurde am 12. Oktober 2006 ein von der Sozialistischen Partei (PS) eingebrachter Gesetzentwurf von der französischen Nationalversammlung mit großer Mehrheit angenommen. Sollte dieser Gesetzentwurf auch den Senat passieren, so wird die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern analog zur Holocaustleugnung in Frankreich in Zukunft mit einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr und einer Geldstrafe bis zu 45.000 Euro bestraft.[112]

Der Deutsche Bundestag debattierte in seiner Sitzung vom 24. April 2005 erstmals eine von CDU/CSU vorgelegte Entschließung, die die Türkei aufforderte, sich zu ihrer historischen Verantwortung für die Massaker an armenischen Christen im Osmanischen Reich zu bekennen. Der Begriff „Völkermord“ wird im Antrag vermieden. Dieser Antrag wurde am 15. Juli 2005 vom Deutschen Bundestag ohne Gegenstimme verabschiedet. Als Begründung des Antrages wurde auf über eine Million Opfer verwiesen und angeführt, dass zahlreiche unabhängige Historiker, Parlamente und internationale Organisationen die Vertreibung und Vernichtung der Armenier als Völkermord bezeichnen würden.[113]

Das Europäische Parlament hat mit den Beschlüssen vom 18. Juni 1987 und 15. November 2001 die Anerkennung des Völkermordes durch den heutigen türkischen Staat zu einer Voraussetzung des EU-Beitritts der Türkei erklärt und am 28. Februar 2002 in einer weiteren Beschlussfassung die Türkei zur Einhaltung dieser Vorgabe gemahnt.[114]

In den Vereinigten Staaten dauert eine Diskussion über die Einschätzung der Massaker seit Jahren an. Ein erster Versuch des Kongresses, die Geschehnisse offiziell als Völkermord anzuerkennen, scheiterte im Jahr 2000 am Widerstand von Präsident Bill Clinton. Am 10. Oktober 2007 stimmte der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses mehrheitlich einer Resolution zu, die aussagt, dass die Verfolgung und Vertreibung von Armeniern im Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg als „Völkermord“ eingestuft werden soll.[115] Die Resolution soll nun dem Repräsentantenhaus vorgelegt werden. Eine ähnliche Erklärung wird auch im Senat vorbereitet. Sowohl Präsident Bush als auch das US-amerikanische Außenministerium kritisierten die Entscheidung und befürchteten eine Verschlechterung der Beziehungen zur Türkei.[116] So rief die Türkei einen Tag später ihren Botschafter aus den USA vorübergehend zurück.[117] Die Türkei hatte dem Kongressmitglied Robert L. Livingston 12 Mio. Dollar für Lobby-Arbeit gegen die Armenien-Resolution gezahlt.[118]

Israel verwendet die Begriffe Völkermord und Genozid in Bezug auf die Vorkommnisse von 1915/16 nicht.[119][120] 2001 sagte der jetzige Präsident und damalige Außenminister Israels, Shimon Peres, in einem Interview, die Armenier hätten zwar eine Tragödie durchlebt, jedoch keinen Völkermord.[121]

Fortsetzung >> http://de.wikipedia.org/wiki/V ölkermord_an_den_Armeniern


Armenier-Genozid

@Anil, wie übrigens auch zu deiner Analyse ganz oben. stimme ich zu, plädiere jedoch tatsächlich für "Verständnis", was mir nicht mit Einverständnis gleichbedeutend ist, sondern mit in Erfahrung bringen, wie es zu Ansichten kommt, denn auch die schlimmsten Verbrechen, so "grundlos" sie uns scheinen und oft "sinnlos" sind, haben Gründe. 
Und diese Gründe müssen wir berücksichtigen, es sei denn, wir könnten oder dürften sie liquidieren. 
Die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern lässt sich meines Erachtens u.a. auch deshalb nicht mit der Holocaustleugnung vergleichen, weil die Shoa immerhin Gegenstand eines bedeutenden Völkerrechtstribunals war, während der Völkermord an den Armeniern im Getöse der kriegerischen Welt nahezu ohne Widerhall unterging und niemand dafür verurteilt wurde. 
Diese besondere Tragik für die Armenier ist zugleich Grund für das falsche Geschichtsbild vieler Türken, so dass nicht so gleichermaßen wie bei der Holocaustleugnung überhaupt von Leugnung die Rede sein kann, denn Leugnung ist bewusste Unwahrheit - und das lässt sich bspw. türkischen Schülern an türkischen Schulbüchern eben nicht erkennen.
Dafür dürfen wir sie nicht in die Haftung nehmen wollen, sondern müssen mühsam aufklären.

Und wir müssen unsere Gründe nennen. Denn bloß "die Wahrheit" lohnt gute Argumente, aber kaum zwischen den Menschen. 

Und zur Toleranz? Auch diesbezüglich liegen die Karten verschieden, denn die Holocaustleugnung lässt sich in Deutschland von größter Bevölkerungsmehrheit akzeptiert bestrafen, während genau das in der Türkei mit der Völkermordleugnung kaum demokratische Unterstützung hat.
Noch ist es in der Türkei umgekehrt, dass die Aufklärer auf Toleranz einer nationalistischen Mehrheit angewiesen sind, um nicht wegen "antitürkischer" Umtriebe juristisch verfolgt zu werden. 

Kurzum: Wir können alles miteinander vergleichen, aber Gleichheitszeichen bleiben seltener. LG

Markus S. Rabanus 20150603

 

>> Armenien, Türkei, Kurden, Völkermord

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