Der Fernsehmoderator Michel Friedman wurde wegen illegalen Kokainbesitzes zu 17.400 Euro in 150 Tagessätzen verurteilt.
 
Presseerklärung von Michel Friedman  08.07.2003

"Meine Damen und Herren, ich hoffe, hier sind auch noch ein paar Freunde, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich in meiner Angelegenheit bisher geschwiegen habe. Ich bitte Sie auch zu verstehen, dass ich anschließend keine Fragen beantworten werde. Ich brauche noch Ruhe und Distanz. Ich möchte mit meinen Freunden sprechen, nachdenken und den begonnenen Lernprozess fortsetzen. 

Mir lag daran, die Entscheidung der Justiz abzuwarten. Diese Entscheidung ist nun gefallen. Ich habe für das, was ich getan habe, eine Strafe bekommen. Ich akzeptiere diese Strafe. Wir leben in einem Rechtsstaat. Drogen in einer Lebenskrise, auch in meiner Lebenskrise, sind keine Hilfe. Sie täuschen und sind gefährlich, dass sage ich vor allem den jungen Menschen.

Ich habe in meiner politischen und journalistischen Tätigkeit Menschen hart bestraft, auch nach ihren politischen Fehlern. Nun muss ich akzeptieren, dass dieser Maßstab, auch wenn es privat ist, an mich angelegt wird. Deswegen klipp und klar, ohne Wenn und Aber - ja, ich habe einen Fehler gemacht.

Ich habe auch in meinem politischen und journalistischen Leben - meine Damen und Herren und liebe Freunde - gefragt, was bedeutet das, wenn man einen Fehler macht und welche Konsequenzen zieht man. Auch dieser Maßstab gilt für mich selbst. Ich werde alle öffentlichen Ämter, die ich bisher inne habe, jetzt zurückgeben. Ich habe Menschen enttäuscht, auch Menschen in meiner jüdischen Gemeinschaft, auch Minderheiten, Menschen, für die ich seit über drei Jahrzehnten gearbeitet habe.

Aber auch meinen Sender, den Hessischen Rundfunk und die ARD. Ich kann nur sagen, und ich hoffe, Sie glauben mir das, dass ich mit aller Kraft versuchen werde, dieses verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen. 

Den Freunden, die mir in dieser schweren Krise geholfen haben, beigestanden haben, 24 Stunden am Tag, denen möchte ich von ganzem Herzen für diese Hilfe danken. Sie wissen, wie tief ich es bereue, was mich straucheln ließ. Das gilt in erster Linie für Bärbel Schäfer, die Frau, die ich von tiefem Herzen liebe und mit der ich meine Zukunft gestalten will und die von all dem so erfahren hat wie die Öffentlichkeit. Bei ihr möchte ich mich persönlich - auch in aller Öffentlichkeit - ausdrücklich entschuldigen. Ich bitte Sie, uns dabei zu helfen, die Arbeit, die ein Paar leisten muss, um in einer solchen Krise wieder zusammenzukommen. Ich möchte Sie dabei bitten, uns zu helfen, in dem Sie unsere Privatsphäre - wenigstens eine Zeit lang - respektieren.

Meine Damen und Herren, liebe Freunde, Menschen machen Fehler, Menschen irren. Auch ich habe Fehler gemacht. Auch ich habe mich geirrt. Das soll nicht mein Verhalten relativieren oder gar verharmlosen. Ich sage es nur, weil ich erklären möchte, dass auch ich nur ein Mensch bin. 

Ich habe zum Schluss nur zwei Bitten: Ich entschuldige mich von ganzem Herzen für alles, was ich gemacht habe. Aber ich bitte Sie, ich bitte Sie genauso von vollem Herzen, nicht zu vergessen, dass das nicht mein ganzes Leben war. Dass das nicht der ganze Michel Friedman ist. Und eine zweite Bitte habe ich. Ich entschuldige mich noch einmal bei allen, aber ich bitte Sie um eine zweite Chance."

  

Kommentar

Moralische Verurteilung eines Moralisten?

So oft ich mich über ihn ärgerte, wenn es um seine Parteipolitik und um den Irak-Krieg ging, so sind mir keinerlei Moralappelle Friedmans erinnerlich, in denen es um Drogen, Alkohol oder Prostitution gegangen wäre. 

Friedmans Bekanntheit resultiert einzig aus seiner Aktivität als politischer Fernsehmoderator, Journalist und Funktionär des Zentralrats der Juden.

Als Privatperson versagte er strafrechtlich. Als politische Person zog er mit Rücktritt die Konsequenz daraus, dass sein privates Versagen anderen politisch schade.  

Das ist höhere Moralität. Alle Achtung für solch seine Entschuldigung. 

Und ich wünsche uns, für ihn und für das Ganze, dass Menschen, deren Fehler öffentlich wurden, zurückkommen können. - Es wäre ein Beitrag gegen die Scheinheiligkeit des Ganzen und des Individuums.

Ich wünsche, dass der hessische Rundfunk mit Friedman eine Pause und eine Rückkehr verabredet.

Sven  Redaktion INTERNET- JOURNAL

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