Sippenhaftung 

Die Sippenhaftung (auch oft – fälschlich, da es sich hierbei nicht notwendigerweise um eine Haft handelt – Sippenhaft) ist eine Bezeichnung aus dem altdeutschen Recht für das Einstehenmüssen der Familienmitglieder für Bußen und Wergeld ihrer Angehörigen (vergleiche Haftung).

Deutsches Recht im Mittelalter

Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge ging das ältere deutsche Recht, d. h. das Recht in den deutschen Ländern vor der Rezeption des römischen Rechts, von der Vorstellung aus, dass die Verwandten (Magen, Sippe) für Delikte eines Familienmitgliedes mithaften müssen. Grundlage dieses Systems war, dass auch schwerste Straftaten sich durch eine Bußzahlung regulieren ließen, die an die Sippe des Geschädigten oder Getöteten zu leisten war. Mit dem Aufkommen seiner Sippe für den (pekuniären) Schaden war der Fall erledigt.

In einer neueren Untersuchung hat indes Harald Maihold (siehe Literatur) darauf hingewiesen, dass auch das römisch-kanonische Recht in gewissen Fällen, insbesondere dem des Majestätsverbrechens, eine Mithaftung der Familie kannte, und dass die Quellen des „altdeutschen Rechts“ im Umfang der Familienhaftung kaum über das römisch-kanonische Recht hinausgehen.

Nationalsozialismus

In späterer Zeit bekam die Bezeichnung eine neue Bedeutung: Gemeint war nunmehr die Bestrafung eines Menschen (Verwandten, Ehepartners) für die Straftat eines anderen „Sippenangehörigen“. Diese Art der Haftung wurde in totalitären Herrschaftssystemen wie zum Beispiel während der Zeit des Nationalsozialismus als Terrormaßnahme gegen politische Gegner (und deren Familien) angewandt.

Nach dem Attentat des 20. Juli 1944 wurden nicht nur die Familien der verantwortlichen Widerstandskämpfer (z. B. Frauen und Kinder von Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Wessel Freytag von Loringhoven) in Sippenhaftung genommen, sondern, wie im Falle des Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg, es wurde die gesamte weitverzweigte Sippe der Schenken von Stauffenberg inhaftiert. Sippenhaft bedeutete in diesen Fällen in der Regel Einweisung in ein Konzentrationslager.

Ein weiteres Beispiel dafür bietet der Fall des Gustloff-Attentäters David Frankfurter, dessen Vater, Oberrabbiner Dr. Moritz Frankfurter, nach dem Einmarsch in Jugoslawien am 6. April 1941 von der SS gefangen genommen und öffentlich gefoltert wurde.

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In anderen Kulturen

In nichtwestlichen Kulturen, wie beispielsweise in Japan bis Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde die Sippenhaftung zum Teil als etwas völlig Normales angesehen und auch von nicht totalitären Regierungen allgemein praktiziert.

Quelle und mehr >> http://de.wikipedia.org/wiki/Sippenhaftung  20090426

Kontext >> Sippe, Haftung, Kollektivhaftung

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