MUT - was es ist

Es gibt gegen eine Stunde des Muts und Vertrauens immer zehn, wo ich kleinmütig bin. (Schiller, Briefwechsel mit Goethe)

Auch der Mutigste von uns hat nur selten den Mut zu dem, was er eigentlich weiß. (Nietzsche, Götzendämmerung)

Seinen Mut muss Weisheit leiten / Und List muss mit der Stärke streiten.  (Schiller, Der Kampf mit dem Drachen)

Mut ohne Vernunft ist nichts als Waghalsigkeit. (MSR)

 

 

 Angst   ist keine Feigheit

Angst als emotionale Vorstufe zu Hass und Gewalt

Wenn es um Ihre Angst vor Rechtsextremisten geht, dann machen Sie sich zunächst bewusst, dass auch Rechtsextremisten ängstliche Personen sind:

  • Rechtsextremisten fühlen sich alleine schwach und signalisieren deshalb besonders auffällig ihre Gruppenzugehörigkeit -   kahlgeschorene Köpfe, MilitärOutfit und Springerstiefel.

  • Rechtsextremistische Gewalttaten passieren zu über 80 % in den Nachtstunden.

  • Rechtsextremistische Gewalttaten passieren zu über 70 % aus der Gruppe heraus und selbst bei den weiteren 30 % ist von einem Gruppenhintergrund auszugehen. Das Bild vom "verrückten Einzeltäter" ist gänzlich unzutreffend.

  • Die Brutalität in Sprache und Handlung, die Kameraderie sind  psychotischer Ausgleich für die häufig festzustellende Ich-Schwäche.

  • Rechtsextremisten fehlt häufig das erforderliche Selbstvertrauen, Konflikte kommunikativ oder intelligent lösen zu können.   Rechtsextremisten fühlen sich persönlich, sozial und national benachteiligt und sehen sich in der zivilen und demokratischen Konkurrenz verdrängt.  In der Gewalt hoffen sie auf eine Realisierungschance für ihre persönlichen und politischen Ziele.

All diese Feststellungen machen die Rechtsextremisten nicht ungefährlicher, aber es ist sinnvoll, sich mit dem  Schema rechtsextremistischen Sozialverhaltens zu befassen.  Die Gefährlichkeit hat also ihre Quellen in den Ängsten der Täter.

Es ist ein Fehler extremistischer Antifa-Gruppen, diesen Ängsten von Rechtsextremisten nicht adäquat Rechnung zu tragen. Und es ist deshalb grundfalsch, wenn mit Gegenterror auf Naziterror reagiert wird.  Das erhöht die Gefährlichkeit und entzivilisiert die Situation noch weiter.
Häufig ist es leider nicht möglich, auf die Strategien von Antifa-Gruppen einzuwirken, weil auch bei ihnen nicht selten das Engagement politikfremde Wurzeln hat und ebenfalls seelische Programme ablaufen, in deren Konsequenz Hass und Gewalt eine den Rechtsextremisten vergleichbare Dimension annimmt. 
Angst und Hass sind gegenseitig und niemandem ist geholfen.

Doch nun zu unserer Angst im Umgang mit Neonazis: 

Angst ist eine normale und vernünftige Reaktion des Verstandes auf unübersichtliche Risiken. 

Angst wird erst dann zur Feigheit, wenn wir auf das Bemühen verzichten, die Risiken beherrschbar zu machen.

Und die hier gemeinten Risiken werden beherrschbar, wenn die Zahl derer wächst, die ihr Schweigen immer und überall brechen, wo sie mit Neonazis in Kontakt kommen. Doch wir dürfen nicht "auf die anderen warten".  Zivilcourage heißt, dass ich selbst den Anfang mache. 

Üben Sie Ihre Argumentation bei Gelegenheiten in der Familie, im Betrieb, bei Freunden.  Üben Sie vor allem die kontroverse und kompliziertere Diskussion.  Stellen Sie sich die Fragen, auf die es ankommt. Weichen Sie keinem Gedanken aus.  Die Sicherheit Ihres Standpunktes wird Ihnen helfen, auch mit der Angst besser umzugehen.  Die Angst wäre nämlich gefahrerhöhend, weil sie die Rechtsextremisten sicherer macht und damit der Aggressivität mehr Spielraum belässt.

Wenn Sie Rechtsextremisten in der Öffentlichkeit stören sehen, dann rufen Sie die Polizei und sprechen andere Passanten an, versuchen Sie gemeinsam für eine Stimmung zu sorgen, in denen sich Rechtsextremisten kritisch beobachtet fühlen.  Sehr oft genügt das!     

Wir dürfen nicht wegsehen und weghören, wenn in der Öffentlichkeit Nazis herumgrölen, sondern wir müssen sie zur Ordnung mahnen.  Aber das Wegsehen erleben wir in Berlin so oft wie das Herumgrölen.  Das ist unwürdig: Die Mehrheit schweigt und lässt eine kleine Horde ihr Unwesen treiben.

Und Berlin hat das schon einmal erlebt: Das Schweigen des Bürgertums, als die Synagogen brannten, als Menschen den gelben Stern tragen mussten.   Wenigstens dies sahen alle  -  aber wer brach das Schweigen?
Hätte es nicht einen Volksaufstand geben müssen?

Darum konnte die Deportation in die Vernichtungslager beginnen. Und es kam für die Deportierten schlimmer als es der schlimmste Alptraum erahnen ließe.
Sollte jemand glauben, dass sich so etwas nie wiederholen werde, dann darf es sich auch nicht im Kleinen wiederholen.  Es passiert aber und öfter!  Und das SCHWEIGEN macht es möglich.

Antifaschismus darf nicht nur ein Thema der Linksgruppierungen sein. Es geht jeden an. Und es geht für die politische Mitte um ein Stück Glaubwürdigkeit, auf die sie nicht verzichten darf.

Zivilcourage ist Übungssache.  Mut ist Übungssache. Man muss es wollen, dann findet sich der Weg.

Zivilcourage üben  KLICK

 

Dieser Text stammt aus dem Jahr 1998 - heute sehen wir vieles differenzierter.

  
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