Katastrophaler Katastrophenschutz

BeitragVerfasst von Sven am: 03.09.2005 11:22

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Zum Versagen der Supermächte

1. Zum Versagen Russlands


Russland und USA - so heißen die beiden größten Militärmächte der Welt.

In Russland jährt sich das Tag des Geiseldramas von Beslan. Hunderte Menschen waren seit dem 1.September 2004 in den Händen von Terroristen. Am Ende des 3.September waren 331 tot.

Supermacht-Versagen in Beslan:

- Als die Situation eskalierte, da setzten die wachhabenden Einheiten offenbar unvorbereitet und spontan zum Befreiungsschlag an. Explosionen.

- Das Schulgebäude mit den Geiseln brannte. Die Feuerwehr war nicht vor Ort, sondern trödelte aus der Ferne heran.

- Flüchtende Menschen. Ein heilloses Durcheinander, weil die Bevölkerung nicht auf genügenden Abstand zum Ort des Terrors gebracht worden war und nun die Rettungsarbeiten behinderte bzw. sich unkoordiniert in die Rettungsarbeiten einmischte.

- Terroristen konnten in diesem Durcheinander flüchten, wodurch es zu gefährlichen Verfolgungsjagden und Lynchjustiz an möglicherweise Unschuldigen kam.

- Verletzte wurden mit Pkws in Krankenhäuser transportiert, weil die Supermacht die drei Tage verschlafen hatte, um ausreichende medizinische Versorgung und Transportmittel vor Ort zu schaffen.

Sicherlich: Auch ich hatte nicht damit gerechnet, dass es überhaupt so lange dauern würde, aber auch das zählt als Ausrede nicht, denn sofort hätte Putin in Bewegung bringen müssen, was es vor Ort brauchte.

- angebotene Soforthilfe aus Westeuropa (z.B. Deutschland) wurde abgelehnt, was man (menschenrechtlich) nur gedurft hätte, wenn man mit eigenen Kräften schnell genug gewesen wäre. Das nationale Prestige-Denken kostete unnötig weitere Menschenleben.

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2. Zum Versagen der USA

- Schon im Vorfeld der Katastrophe versagten die Wähler und Gewählten in der Region, denn eine Stadt, die unterhalb des Meeresspiegels in einer Hurrikan-Zone liegt, hätte ganz anders gesichert sein müssen. Die früheren Katastrophen waren kleiner, aber groß genug, um ganz andere Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.

- Schon im Vorfeld der Katastrophe versagte der US-Zivilschutz, wenn er keine ausreichend die Bundesstaaten übergreifende Katastrophenschutzplanung erarbeitet hatte, denn der regionale Zivilschutz kann von Großkatastrophen mitbetroffen und ausgeschaltet werden, so dass es bei aller Subsidiarität und Selbständigkeit der einzelnen Bundesstaaten überregionaler Hilfe bedarf. Ob nun Naturkatastrophe oder Terrorkatastrophe. Der Riesenaufwand, der mit der Superbehörde "Heimatschutz" betrieben wurde, erwies sich als in seiner Qualität ungenügend, denn die USA steckten genügend Gelder und Personal hinein, kamen aber dennoch nicht zu den richtigen Katastrophenschutzkonzepten.
Möglicherweise liegt es daran, dass man durch die Fixierung auf den "Krieg gegen den Terror" von der bedeutsamen Kernaufgabe des Staates - Katastrophenschutz - abgelenkt ist.

- Wer eine Bevölkerung zum Verlassen des Besitzes auffordert, muss dafür Sorge tragen, dass der Besitz nicht an Plünderer fällt. Ansonsten werden zukünftige Evakuierungsaufforderungen noch weniger befolgt.

- Wer eine Bevölkerung evakuieren will, muss im selben Zeitraum an den Evakuierungszielen eine Versorgung gewährleisten können, dass eine humanitäre Katastrophe nicht nur im Lande verschoben wird.

Das nun wieder heißt nicht, dass man die Menschen in New Orleans hätte belassen dürfen, sondern bedeutet schlicht das Prinzip der Gleichzeitigkeit von Evakuierung und Versorgungsmaßnahmen.

- Ich sah im TV, wie das etwa 150 m große Loch in der Kanalmauer repariert wurde. Ein Hubschrauber, der gerade mal Symbolisches leistete; ein Kettenfahrzeug, das mit einem Anlauf eine komplette LKW-Ladung ins Wasser schieben konnte, aber wann kommt die nächste LKW-Ladung? Der Niveau-Ausgleich zwischen Kanal und überflutetem Stadtgebiet war längst passiert. Von Strömung nichts zu sehen. Warum kamen über den Kanal keine Lastkähne? Die notfalls dort zu versenken wären, wenn es keine schnellere Methode gibt, um das Loch zu dichten?

- Es gibt Container-Hubschrauber. Warum werfen die keine Container ab?

Die Politik versagt, weil die Politiker zu viel mit ihrer Imagepflege befasst sind. Und weil den Wählern solche Politiker imponieren. Weil die Wähler sich nicht selbst Gedanken machen, was es braucht. Weil die Wähler "Experten" vertrauen, die ihren Job nicht machen, obwohl sie hoch bezahlt sind.

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3. Zum Versagen in der deutschen Politik

Deutschland möchte einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat? Weil wir "so wichtig" sind? Dann beschaue ich mir doch mal, wie in Deutschland der Katastrophenschutz aussieht. Ungenügend, wie sich erst jüngst wieder in Süddeutschland zeigte. Enorme Schäden richteten dort die Hochwasser an. Also wurde an falscher Stelle "gespart".

Und "IDEOLOGISCHE" Gründe hat diese Katastrophenschutzlosigkeit auch, solange man ökologische Stimmen als Geschwätz abtut, die eine Bach- und Flussderegulierung fordern.

Wenn Deutschland "mehr globale Verantwortung" haben will, dann braucht es dazu KEINEN Hocker im UN-Sicherheitsrat, sondern Wissenschaft in Berlin, Bochum, egal wo, Wissenschaft, die solche Katastrophen wie in New Orleans analysiert und Einsatzplanungen materialisiert. Wenn "Schnelle Eingreiftruppen" aus Ärzten und Bau-Experten bestehen und weniger aus Soldaten, dann wäre die Bundesrepublik Deutschland "glaubwürdiger", wenn sie von "humanitären Einsätzen" spricht.

4. Was geht uns das an?

Dass "es" uns angeht, kann jeder sehen, der sich jetzt über hohe Spritpreise aufregt.

Wer nicht wahrhaben möchte, dass auch die Regierungen Chinas, Russlands, der USA "UNSERE" Regierungen sind, an die wir berechtigt sind, Forderungen zu stellen, muss vollständig bescheuert und naiv sein, denn deren Politik betrifft täglich die gesamte Welt.
Und es fehlt nur daran, dass wir sie nicht mitwählen dürfen und uns hierzulande mit Politikern abfinden, die uns den Fürsten spielen wollen, denen sich "in unserem Interesse niemand aus der Welt einzumischen" habe.
Aber das ist Illusion, denn gerade Deutschland als Exportmacht mischt sich a) überall wirtschaftlich ein und ist b) extrem einmischungsanfällig, wie sich nun zeigt, wenn Unionsparteien, SPD und GRÜNE die "strategischen Öl-Reserven" angrapschen, obwohl der Preisanstieg dazu nicht legitimiert.

Wenn die Politik international der tatsächlich Überzeugung ist und juristisch nachweisen kann, dass die Energiekonzerne die Katastrophe zu Preistreiberei ausnutzen, dann sollten sie legislativ eingreifen anstatt das vermeintlich böse Spiel durch Anzapfen der "strategischen Reserven" mitzumachen, denn z.B. nach bundesdeutschem Recht ist der Wucher untersagt.
Aber stattdessen lassen wir die Politik an den hohen Energiepreisen noch mitverdienen - und bewundern noch die Merkel und Schröder, wenn sie nun mit dem Verbrauch der "strategischen Ölreserve" prahlen. 

Und die einfachste Lösung: zumindest zeitweiliges Tempolimit? Das würde Öl-Einsparung bringen und die Nachfrage dem geringeren Angebot anpassen. Aber Merkel und Schröder sind scharf auf die Stimmen jedes uneinsichtigen Autofahrers. Der Opportunismus hat immer Konjunktur.

Ich bin so stolz auf die Wähler:-) und stolz auf die Politik insgesamt.

Grüße von Sven     DISKUSSION

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