Helfersyndrom

"Hilf anderen und Du hilfst Dir selbst." - Sagt das jemand? Daran wäre Wahres, daran ist Falsches. 

In Initiativen, die ihre Aktivität überwiegend auf Ehrenamtlichkeit stützen, ist das Helfersyndrom weit verbreitet >> ehrenamtliche Initiativen suchen solche Menschen und solche Menschen suchen solche Initiativen.

Das Helfersyndrom steht für Verirrung in einen Altruismus, der keiner ist und niemandem gut bekommt, auch nicht denen, denen geholfen werden soll, denn Menschen mit Helfersyndrom neigen dazu, Hilfsbedürftigkeiten in Abhängigkeiten und Schuldgefühle zu wandeln.

"Hilfe zur Selbsthilfe und Tschüss" wäre richtiger, zumindest als Anspruch. 

Natürlich geht "Tschüss" oft nicht, z.B. in der Altenpflege, aber auch dort sollte man es sich im Hinterkopf behalten. Das "Tschüss" ist wichtig, denn es wahrt dem Hilfsbedürftigen die Autonomie, die Selbstachtung.

"Hilfe aus Nächstenliebe"? Gewiss, aber Liebe neigt eben zum "Bemuttern", gefährdet die Gleichberechtigung zwischen Hilfsbedürftigen und Helfer - "mein Sittich und ich".

"Hilfe muss aus der Achtung erwachsen" wäre vielleicht das verirrungsfreiere Motto von "Wohltätigkeit".

Schwierig. - Damit das Helfersyndrom nicht zum Nachteil des Hilfsbedürftigen wird, kann es gut sein, wenn man sich selbst auch von schwachen Seiten zeigt: "Dieses und jenes kriege ich auf die Reihe, anderes nicht." - "Zu helfen hilft mir." - Offene Eingeständnisse der Motivation können hilfreich gegen das Helfersyndrom sein und damit einem selbst nicht minder.

Auch in der politischen Arbeit gibt es viele Menschen mit Helfersyndrom. Kommt man nicht von der Vorstellung weg, dass die Arbeit nur anderen diene, was schon der erste Irrtum sein dürfte oder aber die Politik wäre falsch, so sollte man sich wenigstens vergegenwärtigen, welche inneren Widersprüche jedes politische Engagement hat, denn so vollkommen ist kein politisches Wirken und kein politisches Ziel, dass man nicht zumindest spüren müsste, dass es da ungenaue Vorstellungen gibt. - Revolutionäre und Extremisten gehen ohnehin davon aus, dass sie im Besitz der Wahrheit alle Welt für hilfsbedürftig halten. 

Was für die Politik gilt, gilt oft noch verschärfter für die Religion, wenn in ihr der Hilfsbedürftige zur "Prüfung" für das Maß der eigenen Gottgefälligkeit wird. Adressatenverschiebung?  Und wen soll die Missionierung retten? Den Missionar, den Missionierten? "Beide" - wie schön das Bild vom "Hirten, Herde und Schaf" und wie bedenklich, wenn es auf das Verhältnis zwischen Menschen Anwendung findet. 

Und ist das nun ein Plädoyer gegen Weltverbesserer und Helfer? 

Selbst wenn dieses Thema ein wenig gegen Gutmenschen stichelt, so bestünde kein Zweifel daran, dass es Hilfe so vielfach braucht wie auch die Welt zu verbessern, dass es eben gerade deshalb sinnvoll ist, diejenigen zu hinterfragen, die sich dazu berufen sehen und anbieten, denn wo so objektiv Bedarf ist, ist gewöhnlich Missbrauch nicht weit.

Helfersyndrom der Initiative-Dialog?

Das gibt es. Insbesondere im Aussteigerbereich. Selbstheilend wirkt sich allerdings aus, wie wenig die Hilfe ausrichten kann, denn die Leute leben nicht vom Wort allein - und via Internet können wir niemandem genügend neues Umfeld sein, die ein Mensch braucht, aber im Internet sucht und eigentlich eher in seiner Nachbarschaft suchen und entwickeln sollte. - Darauf sollte man also hinwirken "und Tschüss".

Habe ich ein Helfersyndrom?

Nicht wirklich. Fragt meine Frau, meine Kinder, meine Eltern, meine Nachbarn. Ich habe es halt nur mit dem Helfen, wenn und wo es mir Spaß macht.  -  Stopp!!! Genau das indiziert Helfersyndrom, zumindest ein Aspekt daraus >> dass man sich durch Helferei von anderen Dingen abzulenken versucht. Je erfolgreicher man damit ist, desto mehr wird es einem nachgesehen. Und man kann darauf spekulieren. Ich tue das fleißig.  Bei meiner Frau habe ich damit allerdings nur mäßigem Erfolg >> deshalb ist gleich Küchen- und Gartenarbeit "angesagt".

Andererseits ist die Initiative-Dialog so richtig mein Hobby also längst keine christliche oder humanistische Selbstlosigkeit, sondern Spaß daran, dass mich die größten Idioten, wie es Extremisten aufgrund ihrer "Spezialisierungen" gewöhnlich sind, auf klügere Gedanken bringen, was Freunden mit mir häufig nicht so recht gelingt. -  Stopp!!! Ich sprach von "Idioten". Wo bleibt da die Achtung?  Nicht so schlimm, denn a) rennt jeder Mensch "mit Ansprüchen" selbigen hinterher, b) ist es mir zu 70 Prozent Hobby und es macht kaum erwiesen nur zu 4 Prozent fremdhelfenden Sinn. 
Was ist mit dem Rest? Weiß ich nicht. - Lohnt dann der Aufwand? Das Leben ist weniger karg, je mehr man es verschwendet. Klingt unweise, aber immerhin: Solange der Eindruck überwiegt, dass man an der Verschwendung gewinnt, ...

sven200408     DISKUSSION

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