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      800.000 User & einige Blessuren
       
      Verzichten wir heute mal ausnahmsweise auf unsere üblichen Freudenrufe
      anlässlich Erreichung neuer Großzahlen der Besucherstatistik, denn der
      Abstand zwischen solchen "Feierstunden" hat sich in diesem Jahr
      so sehr verkürzt, dass sich ohnehin keine richtige Feierlaune mehr
      herstellen lässt. Sorry.
      Etwa in zwei Monaten machen wir es dafür richtig. 
      Kritik von der falschen Seite 
       
      Kritik von Extremisten zu ernten, kann für uns nicht ungewöhnlich sein. 
      Kritik von demokratischer Seite zu ernten, ist hingegen bleibend
      gewöhnungsbedürftig :-)) 
      Und von solcher Kritik bekommen wir allerlei an den Kopf. Es
      verwundert, wie sehr sich manche in Ton und Vorwurf hineinsteigern,
      überhaupt, was ihnen daran liegen kann, mit uns so hart ins Gericht zu
      gehen. Die Palette der Vorwürfe reicht von "Trittbrettfahrerei"
      bis zur  "Oberflächlichkeit". 
       
      "Trittbrettfahrer" können nur Leute sagen, die nicht wissen,
      wer wir sind und wie lange schon.  
      Als WebProjekt kamen wir im Dezember 1998 später als andere Leute, die
      an Hochschulen einfach eher einen Internetzugang nutzen konnten, aber das
      liegt dann wohl eher daran, dass wir schon lange keine Studenten mehr
      sind. LOL 
      Die Gründe sind doch, wie oft, ganz banal. Mit dem Internet erging es
      uns so, wie es noch heute, vielen unserer Generation ergeht:
      Befremden gegenüber der neuen Technologie. Skurril
      ist, wieso unsere gleichaltrigen Freunde so viel Geld in
      Aktiengesellschaften fremder Kinder stecken mochten und sich nun wundern,
      wo das Geld geblieben ist. Naja. 
       
      Wir erkannten im ablenkenden Alltagsgeschehen erst nach und nach, dass
      Internet und vor allem die Eigenproduktion von WebSites nicht von solcher
      Schwierigkeit sind, wie uns bis dahin "Experten" der IT-Branche
      immer gerne weismachen wollten, als um die Herstellung eines Webs für
      unsere Unternehmen ging. 
      Diese IT-Firmen waren nicht in der Lage, uns verlässliche Preise und
      Leistungen zu offerieren, "Hosting- und Wartungsverträge"
      gingen in die Hunderttausende.  Deshalb setzten wir uns schließlich
      selbst dran, um unabhängig und spontan "omnidirektional"
      kommunizieren zu können, denn unternehmerische Entscheidungen können
      nicht abwarten, bis sich ein subventioniert  "IT-Existenzgegründeter"
      jeweils neu daran gewöhnt, dass mit dem Update einer WebSite noch nicht
      das Vermögen des Auftraggebers in die Kasse des Informatikers wandern
      darf, denn das wäre kaum Sinn einer WebSite, zumindest aus Sicht des
      auftraggebenden Unternehmens :-))  So war das "damals" und
      ist sicherlich auch ein Grund für den Niedergang des "Neuen
      Marktes".   
      Jedenfalls erhellten sich für uns durch die Selbstvornahme schlagartig
      die Horizonte der sogenannten "Informationsgesellschaft" und wir
      konnten plötzlich in ganz anderer Größenordnung in den uns damals 
      ziemlich verärgernden Streit zwischen Walser und Bubis eingreifen, denn
      aus dem Alter der Flugblattverteiler sind wir leider ein bisschen heraus. 
      Durch die Domain NAZIS.de war unser Web
      vom ersten Tag an ein "Erfolg". Trotzdem ist heute alles anders.
      Wir sind nicht mehr "die Macher" von NAZIS.de,
      sondern "lassen uns machen" - von der "Community", wie
      sich die Aktiven und Häufigbesucher einer WebSite modern nennen.  
       
      Erst mit der Community wurde NAZIS.de vom
      "Beichtstuhl zur Bühne", aber die Stücke, die hier in
      Tausenden Forenbeiträgen und im Chat zu beobachten sind, schreiben sich
      im  Leben unserer Republik als Teil einer Realität, in der die
      "Mitte" von ihren "Rändern" weniger entfernt ist, als
      sie glaubt und vorgibt. Nicht nur in Deutschland, sondern international,
      wie sich uns ebenfalls im Internet jeden Tag dokumentiert. -  
       
      Wenn das eigentliche Problem der "Glaube an Hitler" wäre, dann
      hätten wir keines. 
      Wenn das eigentliche Problem der "Kapitalismus" wäre, dann
      hätten wir keinen Rassismus in den sozialistischen Staaten und
      Entwicklungsländern haben dürfen.  
      Wenn das eigentliche Problem die "Globalisierung" wäre, dann
      wäre sie so wenig aufzuhalten wie die Zeit und ist als Tendenz ohnehin so
      alt wie die Mobilität des Menschen selbst. 
      Wenn das eigentliche Problem die "desolaten Sozial- und
      Familienverhältnisse" wären, dann wäre es auf diese Menschen
      begrenzt, was es aber nicht ist. 
      Wenn das eigentliche Problem als Schnittmenge aus vorgenannten
      Problemsphären verstanden wäre, dann könnte daran Wahrheit sein, aber
      sie wäre in ihrer multiplen Ursache kaum noch zu greifen. 
       
      Wir wissen die "eigentlichen Probleme" nicht zu lösen, denn wir
      kennen sie so schlecht, so gut wie die Jahrhunderte alte Psychologie, die
      allerlei analysiert und dennoch nicht sicher zu stellen vermag, dass ein
      Mörder nicht nochmals mordet, weil der Mensch nicht in der Lage ist, sich
      seine eigene Dimension zu erklären. Er sieht sich, er müht sich oder
      auch nicht. Am Ende aller GenTechnik wird er vor neuen Fragezeichen
      stehen, weshalb die klugen Köpfe längst nicht die Dummen wären, aber
      verhaltener im Urteil unbedingt. 
      Wir wissen die "eigentlichen Probleme" nicht zu lösen und
      wir möchten das laut sagen, denn es gibt zu viele Strukturen in unserer
      Gesellschaft, die solche Eingeständnisse ausgerechnet in der Politik
      verbieten, wo die Wahrheit so wichtig wäre. Leider wird die Politik
      weiterhin so tun, als wisse sie, als könne sie, ansonsten überließe sie
      denen die Macht, die so tun. 
       
      Das wählende Volk wird nicht "klug" trotz sprichwörtlicher
      "Erkenntnis", dass Wahlversprechen nicht vertraut werden dürfe,
      aber wir Menschen glauben eben allzu gerne, als dass wir es uns
      abgewöhnen könnten. Und das hat auch sein Gutes. Nur nicht immer. Und
      darum gestehen wir unsere Unkenntnis ein und laborieren statt an den
      schwerlich greifbaren Ursachen an den Effekten herum. Nur oftmals haben
      wir dabei das Gefühl, dass die Effekte von Ursachen kaum unterscheidbar
      sind. Das wäre philosophisch noch kein Problem, wohl aber für die
      Praxis, aber niemals von solcher Bedeutung, dass wir die Praxis deshalb
      einsparen dürften. Nein, wir haben mit der simplen Menschlichkeit unsere
      kleinen Erfolge. 
       
      Und weil wir nun eingestanden immer an der Oberfläche rumkrabbeln, wirft
      man uns oft "Oberflächlichkeit" vor. 
       
      Na, wir sind kein Forschungsinstitut, für uns gibt es keinen Etat,
      keinen Sozialplan :-)), keine Werbeeinkünfte durch "Buchtipps"
      oder die blöden Banner, die uns die Foren so unansehnlich machen etc.,
      keine Sekunde, kein Gedanke, keine Wunde würde uns bezahlt. Allerdings
      und allemal genug durch das, was wir aus all dem lernen: Menschen, wohin
      wir schauen, überall Menschen, so sehr sie sich in die Rolle des Feindes
      flüchten, verkriechen. Wir wollen sie dort raus holen, weil wir es nicht
      mehr schaffen, uns der Verantwortung für sie dadurch zu entziehen, dass
      wir ihr Tun und Sein ablehnen. Das wäre ein unzureichender Grund. Und
      möglicherweise gibt es keinen einzigen Grund - für das Nichtstun, das
      sich periodisch in flammenden Reden gegen Rechtsextremismus kompensiert,
      und ist doch nichts, was hier in Wahrheit interessiert, wenn 14-Jährige
      versagen und "Heil Hitler" brüllen, als seien sie in Stalingrad
      gewesen oder eben genau auch nicht.   
  
      Gegen kritische Öffentlichkeit ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber
      lasse sich bitte niemand durch unseren Publikumserfolg dazu verleiten, an
      unsere Arbeit Ansprüche zu formulieren, wie sie keinesfalls an
      ehrenamtliche Arbeit gestellt werden dürfen. 
       
      Wir bemühen uns. Es fehlt an Gegenseitigkeit. Hochschulen und Forschungseinrichtungen
      lieferten wir auf deren erste Anfragen hin umfängliche Berichte, füllten
      Fragebögen über Fragebögen aus, aber noch nie ist etwas von
      irgendwem an "Resultat" bei uns abgeliefert worden. 
      Wir gaben und geben Interviews für alle relevanten und weniger relevanten
      Medien unseres Landes, ohne Honorar und gerne, aber alle "sitzen auf ihren erlangten Informationen"
      und würden sie uns sogar noch verkaufen wollen, wenn wir befugt sein
      möchten, das bei uns zu dokumentieren, was wir anderen leisteten. 
       
      Für die Wissenschaft gilt da nichts anderes. Alle werden bezahlt,
      letztlich auch von uns - und
      niemand gibt. - Ist das nicht bitter? :-)) Aber so ist es. 
      Wir würden uns freuen über fundierte Beiträge zur Extremismus-Analyse und bringen das seit
      unserem ersten Internet-Auftritt im Jahr 1998 zum Ausdruck.  
      Manchmal haben wir den Eindruck, dass sich die Kompetenten
      nicht durch die Berührung mit dem Gegenstand ihrer Analysen und Berichte
      "beschmutzen" wollen. Dass deren Ferndiagnosen dann
      oftmals  fehlerträchtiger sind als unsere mit Wunschdenken
      belasteten Moralbasteleien, ist naheliegend, denn wir arbeiten unmittelbar
      mit denen, um die es geht. Anonym, nicht anonym, einige gehen hohe Risken,
      einige weniger, wie es sich uns gerade darbietet und wie jemand von uns es sich zutraut.
      Enttäuschungen und Entkräftung bleiben nicht aus. Aber wir tun es gern. 
      Über unser Engagement hinaus finden wir keine Zeit, um uns in die
      Tiefen archivierten Wissens zu begeben und die geistige Höhe zu
      erreichen, die uns von manchen Zeitgenossen trotz ihrer Hilfeversagung
      abverlangt wird. 
      Unsere Kritiker können unseren Anspruch ablehnen, aber wenn sie uns
      einen anderen Anspruch als denjenigen unterjubeln, den wir tatsächlich
      haben, dann wird die Kritik gegenüber NAZIS.de
      unfair: 
      Anspruch unseres Webs ist nicht die wissenschaftliche Analyse,
      so sehr wir uns diesbezüglich über Mithilfe freuen würden, 
       
      unser Anspruch ist der Dialog als Alternative zur Ausgrenzung, 
       
      unser Anspruch ist die Vermittlung von Menschlichkeit als Alternative zum Antihumanismus
      extremistischer Ideologien. -  
       Und das schon macht den Erfolg unserer
      Initiative aus. 
      Wir sind mit NAZIS.de   möglicherweise kein adäquater
      Zeitvertreib für Hochschullehrer, sondern wir diskutieren mit Jugendlichen in einer Mischung
      von Ernsthaftigkeit, die Veranlassung für unser Engagement ist, aber auch
      vielfach mit Humor, weil die Seele keines Menschen so einseitig schlecht
      ist, dass wir nicht auch humorvoll und nett miteinander umgehen könnten. 
      Wissenschaft schafft Wissen, welches ab und zu eine etwas andere Praxis
      "schafft" - oder ?  Also, kritisiere uns doch bitte niemand
      dumm, wenn er uns klug belehren könnte :-)) 
      800.000 Besucher hatten wir bis vorgestern. Das belegt nicht die
      Richtigkeit dessen, was wir tun, aber es  
      beschreibt die Dimension, in der Menschen von sich aus Informationen
      nachfragen, 
      beschreibt die Dimension der Verantwortung auch eines jeden, der sein
      besseres Wissen einbringen könnte und es aber nicht tut. 
      Mit freundlichen Grüßen 
      Sven Möller 
      www.Initiative-Dialog.de  
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